Führungsverhalten und Burn-out

02.09.2020

Das Thema „Burn-out“ ist in den letzten Jahren fast zum Modewort geworden. Immer mehr Menschen erkranken daran, weil derLeistungsdruck und Stress für sie zu groß wird und sie selbst keine Veränderungsmöglichkeit sehen. Dieses Thema wird meist todgeschwiegen, bis es dann zu spät ist und sie arbeitsunfähig werden. Über das „Ausgebrannt sein“ von Mitarbeitern gibt es die unterschiedlichsten Meinungen. So hört man in diesem Zusammenhang immer wieder Aussagen wie: „Das sind alles Weicheier oder Leistungsverweigerer“. Welche Meinung wir über die Ernsthaftigkeit eines Burn-out-Syndroms haben, spielt für Arbeitgeber und Führungskräfte keine Rolle. Fakt ist, dass es sich hier um ein ernsthaftes Problem handelt, mit dem sich Personalverantwortliche auseinandersetzen müssen. Wegen des eigenen Images, aber auch wegen des Images der Firma und den jährlich entstehenden Millionen von Kosten durch Fehlzeiten bzw. Krankenstand. Der Weg zum Burnout ist ein schleichender Prozess, dem man nur durch stete Arbeit an sich selbst (oft mit der notwendigen Unterstützung von außen) entgegen wirken kann. „To burn out" heißt übersetzt „ausbrennen" und beschreibt den inneren Zustand von Menschen, die schnell ermüden, depressiv verstimmt sind oder vereinsamen. Oft bezeichnet man diesen Zustand auch als „Managerkrankheit", weil Menschen, vor allem in verantwortungsvollen, Positionen häufig unter solch einem Zustand leiden. Sie sind dann mit der großen Verantwortung, dem ständigen Zeit- und Leistungsdruck überfordert. Solange jedoch das Credo gilt: „Man hat aber zu funktionieren und Höchstleistung zu erbringen, koste es, was es wolle“, wird das Problem verschwiegen. Meist solange, bis der Mitarbeiter/Führungskraft am Ende überhaupt nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten, schließlich psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen muss, weil er chronisch erschöpft ist, Schlafstörungen hat, Magen- und Darmerkrankungen sich
dazugesellen oder der Griff zu Medikamenten zwingend wird.

(Negativer) Stress macht krank

Stress gehört zum Leben wie die Luft zum Atmen. Er ist in manchen Situationen sogar überlebensnotwendig, weil er die Leistung steigert und für unser überleben, z.B. in bedrohten Situationen sorgt. Wenn uns Menschen heute ein übervoller Terminkalender erdrückt oder der Chef/Kollege/Kunde wieder einmal eine völlig andere Meinung hat, haben wir an unserem Schreibtisch sitzend, wenig Möglichkeiten, das ausgeschüttete Adrenalin zu verarbeiten. Langfristig schwächt Stress das Immunsystem und macht uns emotional anfälliger. Am anfälligsten sind dafür nicht die oben erwähnten Weicheier, sondern die Leistungsträger, die hoch Motivierten und die Eigenverantwortlichen, die oft zu spät/nicht „loslassen“ können.

Führungskräfte beeinflussen die Wahrscheinlichkeit eines Burn-outs aktiv mit

Führungskräfte haben eine Fürsorgeverantwortung für ihre Mitarbeiter! Sie haben aber nicht nur die Verantwortung, sondern es sollte auch in ihrem eigenen Interesse sein, dafür zu sorgen, dass sie langfristig leistungsfähig bleiben. Und deshalb ist es notwendig, dass sie zum einen ihre Mitarbeiter genau beobachten und ihnen ggf. soziale Unterstützung anbieten.

Ist eine Führungskraft jetzt auch Seelsorger?

Jede Führungskraft sollte wissen, wo der Mitarbeiter gerade steht, woran und wie er arbeitet, wie sich seine Leistungsfähigkeit bzw. seine Motivation verändert, er eventuell seine Familie, seine Freizeit oder auch seine Gesundheit vernachlässigt.
In solchen Situationen muss eine Führungskraft auch Seelsorger sein können und sich als Gesprächspartner anbieten. Die Mitarbeiter werden auf Sie als Führungskraft nur dann zukommen, wenn sie die Erfahrung machen, dass sie auch mit Problemen mal zu Ihnen gehen können. Dies wird Ihnen jedoch nur dann gelingen, wenn Sie als Führungskraft selbst diese Bereitschaft auch ausstrahlten? Sozial unterstützendes Verhalten beansprucht Zeit. Es ist illusorisch zu glauben, dass man solche vertrauensvollen Gespräche mal zwischen zwei Sitzungen so nebenher machen kann. Aber es kann auch nicht angehen, dass Sie den Kummerkasten darstellen und abends wie ein Therapeut mit ungelösten Problemen nach Hause gehen. Es kann auch nicht sein, dass sich der Chef nicht mehr aus dem Büro traut, weil alle ihn bestürmen. Eine Führungskraft muss auch hier in der Lage sein, Grenzen zu ziehen. Wenn der Chef selbst am Anschlag und der Terminkalender so voll ist, dass er die Zeit dafür wirklich nicht hat, kann das auch ein Organisationsproblem sein. In diesem Fall müsste sich die Unternehmensleitung fragen, wie es sein kann, dass Führungskräfte nicht in der Lage sind, solche grundlegenden Aufgaben umzusetzen. Leider wird dann immer wieder das Problem mit Aussagen wie:
„Dann müssen Sie sich besser organisieren“ wegdelegiert. Damit ist dann das Problem zwar vom Tisch, aber nicht gelöst.

Kleine Maßnahmen helfen viel

Untersuchungen zeigen, dass schon kleine Unterstützungsmaßnahmen für Führungskräfte (Workshops, Trainings für den Umgang mit Mitarbeitern – Lernen aus Best practice) den Mitarbeitern eine deutliche emotionale Entlastung bringen und sich das „Ausgebrannt sein arbeitsmedizinisch deutlich reduziert. Siehe hierzu Artikel: „Führen und motivieren in der Krise“

Personalentwicklung als Instrument der Reduzierung von Burn-out Syndromen

Ein weiterer wichtiger Einfluss auf die Stressbelastung der Mitarbeiter, stellt sich mit der Frage: Ist der Mitarbeiter am richtigen Platz und kann er hier seine Kompetenzen/Stärken einbringen. Denn ein Mitarbeiter, der auf Dauer unter- oder überfordert ist, hat keine Möglichkeiten mehr Erfolgserlebnisse zu erhalten! Als Konsequenz geht die Leistung zurück, die Unzufriedenheit wächst, und das Stresslevel nimmt zu. Er muss dann sinnvollerweise entweder die Firma verlassen oder geht aus Selbstschutz in die innere Kündigung. Sozial verantwortungsvolles Verhalten muss deshalb zu einer ständigen Führungsaufgabe werden, denn wenn Vorgesetzte das Interesse am Mitarbeiter verlieren (sich nur noch um die Aufgaben kümmern) oder signalisieren, dass sie bei Mitarbeiterproblemen keine Unterstützung anbieten, steigen Burn-out-bedingten Fälle schnell an. Sozial verantwortungsvolles Verhalten muss deshalb zu einer ständigen Führungsaufgabe werden, denn wenn Vorgesetzte das Interesse am Mitarbeiter verlieren (sich nur noch um die Aufgaben kümmern) oder signalisieren, dass sie bei Mitarbeiterproblemen keine Unterstützung anbieten, steigen Burn-out-bedingten Fälle schnell an.

Beschreibung / Definition: Burn-out-Syndrom

Burn-out Ist der Zustand des körperlichen und emotionalen Ausgebrannt seins. Die davon betroffenen Menschen fühlen sich am Ende eines Entwicklungsprozesses kraftlos und müde und kaum noch leistungsfähig. Sehr häufig sind vom Bum-out-Syndrom besonders leistungsfähige, zielorientierte und vor allem loyale Mitarbeiter betroffen. Burn-out ist keine Krankheit (im Sinne des ICD – „Internationale Klassifikationen der Erkrankungen“) mit eindeutigen diagnostischen Kriterien, sondern eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung, die verschieden Krankheitsbilder zur Folge hat. Der Grund ist eine berufliche Überlastung (Zeitmangel bzw. Zeit – und Leistungsdruck) und wird meist durch Stress ausgelöst, der nicht bewältigt werden
kann. Dieser totale psychische und körperliche Erschöpfungszustand, verläuft meist schleichend. Das Burn-out-Syndrom hat sich zu einer Volkskrankheit entwickelt.

Diagnose

Bei Diagnosebögen beantworten die betroffenen Personen z.B. folgende Fragen mit „trifft voll und ganz zu“.

  • "Ich habe permanenten Zeitdruck"
  • "Ich trage viel Verantwortung"
  • "Ich werde bei der Arbeit häufig gestört"
  • "In den letzten Jahren wurde meine Aufgabe immer anspruchsvoller"
  • "Ich werde von meinen Vorgesetzten nicht mit dem nötigen Respekt behandelt"
  • "Bei Schwierigkeiten bekomme ich keine adäquate Unterstützung"
  • "Ich werde oft unfair behandelt"
  • "Meine berufliche Zukunft ist unsicher"

Im Rahmen der Führungsstile handelt es sich bei diesen Fragen um Aspekte die sowohl die Aufgabenorientierung, als auch die Mitarbeiterorientierung und damit das gesamte Führungsverhalten betreffen.

Persönliche Eigenschaften von Burn-out-Personen

Es handelt sich dabei meist um Mitarbeiter:

  • die sich selbst zu hohe Ziele setzen und perfekt sein möchten
  • die schnell besorgt reagieren (ängstlich sind)
  • denen es schwer fällt, Kompromisse einzugehen und die Tendenz haben zwanghaft zu sein
  • die stark helferorientiert sind und sich aufopfern
  • extrem ehrgeizig sind.

Tipps für Führungskräfte im Umgang mit Mitarbeitern

  • Beobachten Sie Ihre Mitarbeiter auf stimmungsmäßige Veränderungen
  • Sprechen Sie Mitarbeiter bei auffälligem Verhalten diskret an. Nehmen Sie sich dafür Zeit
  • Überprüfen Sie Ihre Einstellung in Hinblick auf die einzelnen Mitarbeiter. Glauben Sie, dass Ihre Mitarbeiter wirklich den Mut hätten, bei Problemen zu Ihnen zu kommen? Lassen Sie sich diesbezüglich von vertrauensvollen Personen eine Rückmeldung geben.
  • Prüfen Sie, ob Ihre Mitarbeiter entsprechend Ihren Kompetenzen eingesetzt sind. Müssen sie ggf. qualifiziert oder besser versetzt werden oder ist eine Trennung für alle Beteiligten besser?

Tipps für Sie persönlich

  • Setzen Sie sich für die zu erledigende Aufgaben konkrete Termine, die auch realistisch sind.
  • Verhandeln sie mit Ihrer Führungskraft über den Umfang der Arbeit oder des Abgabetermins. Meist sind Änderungen möglich (während des Delegationsvorganges und nicht kurz vor dem Abgabetermin)
  • Setzen Sie auf Teamarbeit und machen Sie nicht alles alleine.
  • Nach 2 Arbeitsstunden sinkt die Leistungskurve. Machen Sie ab und zu kurze Pausen.
  • Stress ist ansteckend; halten Sie sich von Hektikern fern.
  • Bewegen Sie sich ab und zu. Z.B. In der Mittagspause um den Block laufen; Treppe statt Aufzug benutzen (versorgen das Gehirn mit mehr Sauerstoff und senken so den Stress).
  • Sorgen Sie für ausreichend Schlaf. In anstrengenden Zeiten kann es 8 bis 10 Stunden dauern, bis Sie sich richtig ausgeschlafen fühlen.
  • Achten Sie bei Ihrer Ernährung auf Energie spendende Kost mit vielen Kohlenhydraten.
  • Verzichten Sie weitestgehend auf Zucker und trinken Sie viel.
  • Nehmen Sie Ihren Jahresurlaub nicht auf einmal: Gönnen Sie sich mehrere Erholungsinseln übers Jahr verteilt. Schon bei einem verlängerten Wochenende tanken Sie neue Energie und Motivation.
  • Vergessen Sie nicht den Sport.
  • Was tun Sie eigentlich zu Ihrer Zerstreuung in der Freizeit?
  • Lachen baut Stress ab. In Bezug auf Stressabbau wirkt eine Minute Lachen wie 45 Minuten mentales Entspannungstraining oder wie 15 Minuten Rudern.

Albrecht Müllerschön


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